Donnerstag, November 9

Hoffnung

Ich sitze auf meinem Balkon und blicke erwartungsvoll nach unten. "Heute kommt es. Heute muss es einfach kommen!", denke ich mir und lasse meinen Adlerblick starr auf die Wohnungstür gerichtet. Das letzte Buch der Serie, welches nur noch antiquarisch zu erhalten ist. Amazon - Fehlanzeige. Auch in ebay wird es von keinermann angeboten, doch dann der Tipp eines guten Freundes und voller Freude und einem Blitzen im Auge bestellte ich das Buch von einem Privatmann, den ich ab sofort als meinen neuen persönlichen Helden bezeichnen werde, obwohl er dieses Buch zum Verkauf anbietet.
Das Telefon klingelt. Das Display sagt mir, es ist mein bester Freund aus Aachen. "Keine Zeit!", beginne ich ohne jegliche Begrüßung. Unter Freunden kann man Höflichkeitsfloskeln schon mal weglassen - man versteht sich ja und kennt den anderen. "Wie jetzt?", röhrt es unverhofft aus der Muschel, "Was heißt hier keine Zeit?" Es klingelt an der Tür. Ich habs gewusst. Ich renne zur Tür, betätige den Türöffner und lauere auf das Geräusch der sich öffnenden Haustüre. Doch nichts. Ich renne in mein Zimmer, hole den Briefkasten- und den Hausschlüssel, breche mir fast das Bein als ich die Treppen hinabstürze, öffne den kleinen Briefkasten und was sehe ich? Einen kleinen blauen Zettel mit dem Vermerk, ich hätte eine Briefsendung erhalten, man konnte mich jedoch nicht antreffen und dürfe das Paket erst morgen abholen.
"Nicht antreffen?", rast es voller Wut durch mein Hirn, "Die spinnen wohl! Ich bin doch hier." Den Zettel in der Hand wieder nach oben rennend, gehe ich in mein Zimmerchen und setze mich direkt an meinen Schreibtisch, an dem auch mein Computer steht. Etwas googlen hier, etwas googlen da und schwups hat man schon eine Rufnummer der Beschwerdehotline - natürlich kostenpflichtig. Folglich mach ich mir die Mühe und verfasse eine eMail, eine BeschwerdeeMail, die es in sich hat. Eine DIN A4 Seite purer Ironie, voller Sarkasmus und noch mehr Hohn und Spott. Bereits eine Woche später erhalte ich auch schon Antwort. Nicht per eMail, sondern per Brief, denn ich habe ja meine Adresse angegeben, damit du guten Leute genau wissen, um welchen ihrer geschätzten Kunden es sich handelt. Schnurstracks öffne ich den Brief und beginne zu entziffern. Ich lese ihn erneut, denn das kann ich nicht glauben. Vielleicht ändert sich die Nachricht ja bei wiederholtem Durchschauen. Nein, das große gelbe Unternehmen entschuldigt sich bei mir in aller Form (Standardschreiben) und gelobt Besserung ihres Services. Als kleine Wiedergutmachung liegt anbei sogar ein kleines aufklappbares Heftchen, das mit Entschuldigung aus sämtlichen mir bekannten Sprachen gespickt ist - Entschuldigung, Sorry, Pardon... Im Heftchen selbst befinden sich zwei Briefmarken á 55cent. Tzzz, na wenn sich der Aufwand nicht gelohnt hat?!?! Eines sei diesem Unternehmen gesagt: Wenn ich es irgendwann mal schaffen sollte, einen von ihnen zu erwischen, der für meine Pakete zuständig ist, werde ich ihm mal ordentlich die Leviten lesen. Ich glaube zwar nicht dran, einen zu packen, denn sie sind so ziemlich die schnellsten Zusteller der Welt und werden offensichtlich darin geschult, schnellstens auszuliefern und der Kundschaft verborgen zu bleiben.
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.