Freitag, März 30

WG-Geflüster II - Blau

Es soll ein schöner ruhiger Abend mit meiner Freundin werden. Alles ist bereitet. Die DVD, eine Komödie, kreiselt in dem dafür vorgesehenen Player. Im Bett werden die sechs Kissen aufgeschüttelt, um anschließend wieder verformt zu werden, damit ein gemütliches Daliegen gegeben ist. Süßigkeiten und Knabbereien stehen in schier unendlich verschiedenen Arten zur Verfügung - Schokolade, Erdnüsse, Chips, Weingummi, etc.. Das Licht meines kleinen Reiches ist gedimmt. Teelichter und andere Kerzen werden entzündet, um die Atmosphäre abzurunden - ein Hauch von Romantik liegt in der Luft. Es wird ein toller Abend werden. Der Film beginnt, es wird gekuschelt und genascht.
Ein gewaltiger Vorteil solcher Abende zu zweit sind die Pausen. Man hat die Möglichkeit dem natürlichen Drang nachzugehen, denn Abspielgeräte unseres Zeitalters sind mit einer Pausentaste versehen. Kinobesuche hingegen haben den Vorteil des besseren Sounds, jedoch werden Sequenzen verpasst, muss das stille Örtchen aufgesucht werden.
Das Bild friert ein, die Blase meiner Freundin drückt. Frauen müssen öfter ihre Notdurft verrichten als Männer. Woran das liegt, ist mir schleierhaft. Sie öffnet meine Zimmertür, will den Raum verlassen, doch eine dichte Rauchwolke quillt ungehalten in meine vier Wände und versperrt ihr somit den Weg ins Pippi-Kacka-Tucka-Land.


"Hier ist alles blau!", wirft meine bessere Hälfte mir entgegen.
"Wie alles blau?", frage ich, denn den Begriff habe ich bis dato noch nie vernommen.
"Naja, blau halt. Hier hat irgendjemand etwas anbrennen lassen und es brennt noch immer an."
Ich schwinge mich behände aus dem Bett, um mir selbst ein Bild des Schreckens zu verschaffen, werde aber schon nach einigem Meter gewahr, dass ich nichts sehen kann. Der Qualm ist dick, es stinkt bestialisch und das Essen (Reis) brutzeln weiter fröhlich vor sich hin. Nachdem ich die stickige Wand aus dunklen Schwaden durchquert habe, werden sämtliche Fenster geöffnet. Ein Überlebenskampf par excellance findet in den Räumen meiner WG statt. Schaurige Szenen spielen sich ab. Nur mühsam bahnt sich die Frischluft ihren Weg ins Innere, doch mit andauernder Spielzeit gewinnt sie Überhand.
Dieser Fauxpas wurde kein einziges Mal in der WG erörtert. Jeder hat ihn mitbekommen, doch man sieht einfach drüber hinweg. Mir steht mittlerweile nicht mehr der Sinn danach, so was anzusprechen, daher halte ich mich lieber geschlossen und warte auf den nächsten Fehltritt meiner Mitbewohner. Ich schaue mir immer wieder genüsslich das unbedachte Treiben an und denke mir meinen Teil.


Einen kleinen Denkzettel sollte man aber schon verteilen, wenn schon keine Schläge auf den Hinterkopf á la Leroy Jethro Gibbs (Navy CIS) verteilt werden dürfen. So habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, jedes Mal, wenn ich an der Küche vorbeigehe und ich sehe, dass unbeaufsichtigt gekocht wird, den Herd einfach auszuschalten – ein zweites Inferno dieser Art soll schließlich vermieden werden.
Ich warte noch immer darauf, dass mich mal einer darauf anspricht. Doch das wird wohl nie geschehen. Oder doch?!?!

Buchtipp: Ist der Herd wirklich aus? von Mark Spörle



Montag, März 26

13

Mein Vorhaben, die WG nach meinen Wünschen zu trimmen, muss leider vertagt werden. Ich bin geweckt worden, der Tiger lauert.

Ich komme nach Hause, schmeiße meine Klamotten in die Ecke und betrete den Balkon. Etwas Entspannung sei mir gegönnt. Die Jalousie wird hoch gerissen, so dass die Türe geöffnet werden kann und ich auf meinem heiligen Plastiksessel Platz nehmen kann. Der erste Blick wandert auf geleerte Getränkeflaschen, die ordentlich gereiht in einer Kiste stehen - sollten. Doch nichts. Kreisende Gedanken - habe ich das Leergut schon in Bares gemünzt? Nein! Oder doch?! Ich weiß es nicht mehr...

Eine weitere Woche endet, es stehen zwei neue Kästen auf dem Balkon, von denen einer noch zur Hälfte gefüllt ist. Gäbe es jemanden, der stibitzt, so hätte er sicherlich den einen leeren bereits genommen. Beide stehen aber noch auf dem abgestellten Ort. Also habe ich mich wohl geirrt und versehentlich Fremde oder auch Bekannte bezichtig, meine heimliche Spardose gemopst zu haben.
Ich gehe arbeiten, komme wieder nach Hause und habe die Gewissheit, dass ich doch vollkommen richtig lag, denn nur es ist nur noch der halb volle Kasten vorhanden. Hrrr, ich male mir aus, was ich mit dem Dieb machen werde: Jeden Knochen einzeln brechen oder doch einfach nur töten. Nein, ich gehe die ganze Angelegenheit natürlich wesentlich subtiler an und frage in den kommenden Tagen in meinem Bekanntenkreis nach einer Webcam, doch nichts. Keiner ist im Besitz eines solchen Hightech-Geräts. Ja wo leben wir denn? Ist denn niemand up-to-date?!
Nachdem auch der halb leere Behälter mit Erfrischungsgetränken nicht mehr auf meinem Balkon steht, führt nur ein Weg aus dem Dilemma. Ich muss mir wohl oder übel eine Webcam eigenständig kaufen (von dem Geld, was natürlich nie vorhanden ist) und den Langfinger auf frischer Tat ertappen.
Schnell nenne ich ein günstiges Überwachungsgerät mein eigen, installiere und postiere es, damit ich, falls der Übeltäter wieder zuschlägt, einen hervorragenden Blick auf sein Antlitz erhasche.

Zwei weitere Tage vergehen, ich betrete mein Domizil und erblicke einen Zettel an der Haustür, verfasst von einer unter mir wohnenden Dame.
"Liebe Mitbewohner, in letzter Zeit sind einige Sache von meinem Balkon abhanden gekommen. Außerdem wurde ein Paket geöffnet und sogar der Inhalt einer Handtasche entwendet. Der Bösewicht wurde ausfindig gemacht. Es handelt sich um einen Obdachlosen, der in den vergangenen Tagen im Kelleraufgang des Nachbarhauses nächtigte. Daher bitte ich im Interesse aller, die Haustüre geschlossen zu halten."

Es wäre auch zu schön gewesen, hätte ich höchst persönlich den Halunken bei der Ausführung seiner Missetat geschnappt. Hrrr, ein teurer Spaß.

Montag, März 12

WG-Geflüster

Es ist wieder einer dieser Tage, an dem ich die Wohnungstüre meiner WG öffne und ein bestialischer Gestank in meine Nase dringt. Rauch steigt in meine Augen, sodass meine Sehkraft leidet. Die Augen beginnen zu tränen. Die ganze Wohnung erstickt in blauem Dunst. Mein Mitbewohner kocht. Zumindest hat er es versucht.

Wir haben für eine neue (gebrauchte, also dann doch wohl eher alte) Waschmaschine zusammengeschmissen. So langsam, aber sicher, neigt sich der Vorrat an frischer, sauberer Kleidung dem Ende entgegen, also muss endlich gewaschen werden. Nach Absprache, darf ich als erster eine Ladung in das gute Stück katapultieren, um es maschinell reinigen zu lassen. Es sind Semesterferien. Glücklicherweise ist die WG in solchen Zeiten nur zur Hälfte besetzt, was meinem Waschvorhaben zugute kommt. Just in dem Momente - der Probedurchgang wurde vollzogen - als Unterwäsche, Waschmittel und Wasser sich in der Trommel unserer neuen Errungenschaft paaren wollen, höre ich ein leises mechanisches Klappern. Die Waschmine dreht sich bereits und zwar nicht mit meiner Wäsche, sondern die meines Mitbewohners, der sich nach zweiwöchiger Absenz entschloss, seine mittlerweile riesigen Haufen Klamotten zu reinigen. Es dauert zwei Tage, dann bin ich an der Reihe.

Ich erwarte wichtige Post. Nach getaner Arbeit betrete ich die WG und suche den Briefkastenschlüssel. Fehlanzeige. Es kommt nur einer in Frage, der ihn haben kann und diese Person hat sich für eine Woche in den Urlaub begeben. Ich koche. Ich muss ins Badezimmer, das sich am anderen Ende des Flures befindet, um ein Präsent in Richtung Nordsee zu schicken. Ich öffne meine Zimmertür und nach exakt drei Schritten öffnet sich ebenfalls die meines Mitbewohners. Er will mir ein Gespräch aufzwängen, wonach mir aber nicht der Sinn steht (und das ist immer, denn ihm zuzuhören ist eine mentale Tortur). Freundlich wie ich jedoch bin, höre ich ihm zu. Es drückt, doch ich harre aus. Der Druck beendet dann doch das Gespräch. Ich verabschiede mich in der Hoffnung, ihm auf dem Rückweg nicht zu begegnen. Fehlanzeige. Er wartet immer auf mich und er kriegt alles mit, Vor allem die Betätigung meiner Klinke. Ich gehe in die Küche, er steht da. Ich verlasse die Wohnung, er steht da. Ich habe einen Stalker und ich mag ihn nicht.

Ich möchte meinen Teppich von Flusen, Federn, Staub und anderen Arten des Drecks bereinigen, also hole ich das rote Wunderteil (red magic). Ich öffne meine Zimmertür und mein Mitbewohner steht schon parat mich abzufangen. Ohne ein Wort zu verlieren schnappe ich mir das Ungetüm. Es ist ein tolles Gerät, denn teure Staubtüten benötigt es nicht. Lediglich sollte es das ein oder andere Mal von dem in einem durchsichtigen Plastikgehäuse gesammelten Schmutz entledigt werden - per Hand. Natürlich ist der Auffangbehälter voll und muss von mir gereinigt werden. Ich glaube, meine Mitbewohner wissen noch nicht einmal, dass man das Teil gelegentlich auch mal säubern muss. Es saugt zwar nicht mehr so gut, aber das scheint ihnen egal zu sein.



Solche Geschichten sind es, die mir Kopfschmerzen, ja gar Migräne, bereiten. Die Zeit der Stille und Muße ist vorüber. Von nun an schlage ich zurück!