Dienstag, Dezember 5

Ultimate Weapon

Ich sitze im Zug, unterwegs in die geliebte Heimat, um mich ein wenig von den Strapazen der vergangenen Tage zu erholen. Zu Hause ist es halt am Besten. Dort befinden sich Hotel Mama und Finanzspritze Papa. Einfach wunderbar wie man dort verwöhnt wird und sich um nichts kümmern muss.Vor dem Schlaraffenland Exorbitante muss allerdings eine unbequeme Überfahrt erfolgen, denn nicht nur die "neuen" Sitze der Bahn sind hart, steinhart, sondern auch die Gäste.Mein Platz befindet sich am Ende des Zuges. Ich sitze allein, wohl wissend, dass es nicht so bleiben wird, denn die Abfahrt verzögert sich. Wer hätte das bei einem ehemals staatlichen Unternehmen gedacht, das erst nach Jahren der Sanierung wieder schwarze Zahlen schreibt?!?!Schon kommen sie, eine kleine Gruppe pubertierender Jünglinge, allesamt bewaffnet mit modernen Kommunikationsmitteln namens Handy. Mittlerweile können die kleinen, ja fast winzigen Apparate alles, was das Herz begehrt. Nicht nur telefonieren mit der Liebsten, nein, auch die schriftliche Übermittlung durch SMS ist eine Funktion des kleinen Wunderteilchens. Außerdem kann man Bilder verschicken, im Internet surfen, seine Termine planen, sich wecken lassen und sogar Musik abspielen.Die kleine Gang lässt mich nicht lang ungestört, sondern fängt direkt an, mich mit Rap und HipHop zu quälen. Nicht, dass ich nicht auf diese Art musischer Berieselung stünde, ich bin sogar ein großer Anhänger. Rhythmische Klänge vereint mit tiefen Stimmen und untermalt von einer sanften weiblichen Chorussängerin. Ich liebe Rap, ich liebe HipHop.
Die kleinen Möchte-gern-Gangster in übergroßen Hosen, die in den Kniekehlen hängen, starten mit ihren Wunderwaffen einen Song. Als man selbst das Lied erkannt hat und den Fuß im Takt auf und ab wippen lassen möchte, wird umgehend der nächste Track angespielt, weil der ja "viel geiler" ist als der vorige. Stress bin ich wahrlich gewohnt, doch man kann es auch übertreiben. Ein zweiter Handy-DJ holt sein MP3-Player, das nebenbei als mobile Telefoneinheit missbraucht werden kann, hervor und von nun an werde ich doppelt drangsaliert. Dies geht so weiter bis vier der Ghettoboys unterschiedliche Songs abspielen, so dass kein einziger mehr erkannt werden kann. Man könnte meinen, ein Techno-DJ legt gerade in der Bahn auf (eigentlich keine schlechte Idee für die DB. Musik während der Fahrt!).Ich versuche vollends abzuschalten. Es gelingt mir nicht. Folglich mache ich mir Gedanken, wie ich dem ganzen Einhalt gebieten kann. Ich spreche die Jungs kumpelhaft an und bitte sie um ein wenig Ruhe. Wütende Blicke und entsprechend vulgäre und anmachende Antworten schlagen mir entgegen. Ich setze mich also wieder auf meinen Platz, denn das Feld kampflos zu überlassen ist absolut nicht meine Art.Wie nur, ja wie nur, kann ich diese Rasselbande zum Schweigen bringen?? Gähnende Leere in meinem Hirn. Erst nach einer Stunde als sich die Türen des Zuges öffnen und ich in meiner Heimat angekommen bin, blitzt es vor meinen Augen. Ich habe den erleuchtenden Einfall.Am darauffolgenden fahre ich zu meinem Handy-Shop und organisiere mir kleine Lautsprecher für mein mobiles Telefon, fahre nach Hause und schließe MEIN kleines Wunderteil am PC an. Schnell wurde es erkannt und umgehend synchronisiert. Ich bespicke es mit der ultimativen Waffe gegen nervende Kids: Volksmusik, Klassik und Marschmusik. Jawohl! Ich freue mich schon auf den nächsten Zusammentreffen. Mal sehen, wer nun die Macht hat?!